Bei Exkursion im Hengstbachtal geht es auch um Hochwasserschutz Bebauungsplan mit langer „Reifezeit“

Die Exkursion im Hengstbachtal leitete Christa Mehl-Rouschal vom BUND. Die Vorsitzende des Ortsverbands informierte auch darüber, was es mit Habitatbäumen auf sich hat. Bild: Jost

Dreieich – Der leise vor sich hin plätschernde Hengstbach und die nach dem vielen Regen saftig grüne Natur laden geradezu ein, einen Spaziergang hinter dem Familienzentrum Winkelsmühle zu unternehmen. Der geschotterte Weg, der sich am Ufer des Flüssleins durch das Hengstbachtal schlängelt, ist ein beliebtes Naherholungsgebiet in Dreieichenhain. Hier radeln gerade am Wochenende Familien zum nahen Spielplatz, Anwohner führen ihre Hunde aus oder die Menschen genießen einfach den Tag an der frischen Luft zwischen Bachbett und Wiesen.

„Es ist ein herrliches Areal, ein Kleinod für Pflanzen und Tiere“, sagt auch Christa Mehl-Rouschal, die Vorsitzende des Ortsvereins Dreieich des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Gemeinsam mit dem Pflanzen-Experten Robert Flogaus-Faust hat sie die Exkursion organisiert. „Für den kompletten Hengstbachverlauf wurde 1979 ein Bebauungsplan von der Stadt Dreieich aufgestellt“, berichtet Mehl-Rouschal, die auch Vorsitzende der städtischen AG Umwelt- und Naturschutz ist.
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Dass solche Verfahren langwierig sind, beweist die Tatsache, dass der Abschnitt an der Winkelsmühle nach 45 Jahren noch immer im Verfahren ist. „So ein Bebauungsplan hat den Zweck, den Hengstbach in seiner Funktion als hochwertigen Natur- und Landschaftsraum zu sichern. Dabei ist festgeschrieben, dass das Fließgewässer als biotopverbindendes Landschaftselement freigehalten wird von jeglicher Bebauung“, sagt Christa Mehl-Rouschal. Das sei wichtig, um den Lebensraum für die Vegetation zu schützen und die Flächen als Naherholungsgebiet zu erhalten.

„Hier am Hengstbach ist es aber besonders im Hinblick auf den Hochwasserschutz von wichtiger Bedeutung“, sagt Mehl-Rouschal. Der Hengstbach ist bei den Starkregenereignissen der vergangenen Jahre mehrfach über die Ufer getreten. Das Bachbett bräuchte mehr Platz. „Ein Bebauungsplan legt fest, dass in fünf Metern Abstand zum Ufer nichts sein darf“, sagt die BUND-Vorsitzende. Beim Spaziergang, zu dem sich nur eine Handvoll Interessierte eingefunden hat, wird deutlich, dass etliche Zäune der angrenzenden Häuser zu nah an den Bach heranreichen und an manchen Stellen Bretter über den Bach gelegt wurden.

Ein Haltepunkt ist noch der Spielplatz An der Dampfmühle. „So schön, wie es ist, dass die Kinder hier am Hengstbach spielen können und ihn auch stauen, es ist ein zweischneidiges Schwert. Dadurch, dass es ein öffentlich genutzter Platz ist, hat die Stadt hier eine engmaschige Verkehrssicherungspflicht“, weiß Mehl-Rouschal. Das bedeutet, dass Bäume weit häufiger geschnitten werden, als das der Fall wäre, wenn an dieser Stelle kein Spielplatz wäre. „Es ist schade, dass eine aus Naturschutzsicht so empfindliche Stelle in der Nutzung ist,“ sagt sie.

Die beiden großen Wiesen in dem Abschnitt sind für Robert Flogaus-Faust eine Quelle der Pflanzenbestimmung. Sogar eine Schwertlilie ist hier zu finden, weil der Untergrund so feucht ist. „Die vordere Wiese ist eine Ausgleichsfläche der Stadt“, erklärt Christa Mehl-Rouschal. Damit hat die Stadtverwaltung die Pflicht, sich 30 Jahre um die Pflege zu kümmern. Das ist in den vergangenen Jahren offensichtlich etwas zu kurz gekommen – Brombeeren breiten sich aus und die Flächen müssten dringend gemäht werden. Mehl-Rouschal ist optimistisch: „Wir haben ein neues Team an Fachleuten im Rathaus“, sagt sie und wünscht sich, dass jetzt Bewegung in die Naturschutzthemen kommt.

Ein positives Beispiel von aktivem Natur- und Artenschutz präsentiert sie ebenfalls: Eine tote Erle säumt direkt den Wegesrand. Auf dem Stamm, der von Fledermäusen bewohnt ist, prangt ein Schild mit der Aufschrift Habitatbaum. „Früher hat man diese Bäume aus Verkehrssicherungspflicht komplett gekappt. Heute lässt man die Stämme stehen. Sie müssen natürlich regelmäßig angeschaut werden, aber damit erhält die Stadt wichtigen Lebensraum für die Tiere“, lobt Christa Mehl-Rouschal. Das Schild an dem Stamm verfügt auch über einen QR-Code, über den sich Spaziergänger über Habitatbäume informieren können.  njo