Ausstellung „Kinder im KZ Theresienstadt“ eröffnet Der gemalte Schrecken

Gudrun Schmidt (vorne rechts) vom Studienkreis Deutscher Widerstand gehört zu den Organisatorinnen der Schau. Bild: -

Neu-Isenburg – Die Ausstellung „Kinder im KZ Theresienstadt – Zeichnungen, Gedichte, Texte“ im Foyer des Rathauses ist eröffnet. Zu sehen sind Bilder und Gedichte, die Kinder in dem NS-Lager malten und aufzeichneten. Die Ausstellung hat der Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 konzipiert. Bis zum 19. Mai ist sie im Rathaus zu sehen, vom 21. bis zum 23. Mai in der Hugenottenhalle.

Viele Menschen können sich heute kaum noch vorstellen, wie sich Opfer von Judenhass fühlten: Mädchen, junge Mütter, Kleinkinder und Säuglinge sahen sich beispielsweise bei der Reichspogromnacht 1938 einem Mob gegenüber, der „Juden raus“ skandierte. Bewohnerinnen und Kinder mussten vor den Flammen in die Kälte fliehen. Dass davon auch Menschen in unserer Region betroffen waren, das erwähnt das Vorstandsmitglied des ausstellenden Studienkreises, Gudrun Schmidt, bei der Ausstellungseröffnung. Sie erwähnt den 10. November 1938. Da beteiligte sich die Neu-Isenburger SA-Truppe an den Pogromen gegen die jüdischen Mitbürger

Schmidt spricht auch von Edith Erbrich, die zu den wenigen noch lebenden Zeitzeugen gehört. Die Frankfurterin kam 1937 als Tochter eines jüdischen Vaters und einer katholischen Mutter zur Welt. Am 14. Februar wird die damals siebenjährige Edith zusammen mit der Schwester Hella und dem Vater Norbert ins KZ Theresienstadt gebracht. Die Mutter durfte die Familie nicht begleiten. Später erzählte Erbrich von ihrer Angst, als sie mit geschorenem Kopf unter die Dusche sollte. Edith musste einmal mit einer Zahnbürste den ganzen Tag den Boden schrubben, ohne eine Ahnung zu haben, welches Vergehen der Strafe zugrunde lag. Schulunterricht verbot die Lagerverwaltung, heimlich fand er dennoch statt, „wenn die Aufseherinnen kamen, musste alles schnell versteckt werden“.

Edith Erbrich lebt heute in Langen. Auch ihre Schwester Hella und Vater Norbert überlebten das KZ Theresienstadt, das die Rote Armee am 8. Mai 1945 befreite.

Erbrich schrieb ein Buch über ihr Überleben: „Ich hab‘ das Lachen nicht verlernt.“ „Nur durch das Erinnern und die kontinuierliche Aufarbeitung können wir sicherstellen, dass sich solche Grausamkeiten nie wiederholen“, sagt Bürgermeister Gene Hagelstein bei der Eröffnung. Es sei wichtig, sich an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte zu erinnern.

1942 lebten in Theresienstadt 55. 000 Häftlinge. Die Nationalsozialisten führten Delegationen des Internationalen Roten Kreuzes durch das Lager in der einstigen Tschechoslowakei. Um das Lager nicht überfüllt wirken zu lassen, deportierte die SS 10.000 Insassen zur Ermordung nach Auschwitz. 1943 wurde in Theresienstadt offiziell eine Schule eingerichtet. Wie Schmidt berichtet, hing an der Tür lediglich ein Schild mit dem Wort „Ferien“. Hinter die Kulissen zu schauen, mühten sich die Delegationen wohl nicht sonderlich. Schmidt zitiert den Schweizer Maurice Rossel, der nach einem Besuch von 1944 sein positives Erstaunen darüber verkündete, „im Ghetto eine Stadt gefunden zu haben, die ein fast normales Leben lebte“.

Die dort wohnenden Kinder, wie etwa Doris Zdekauerovà, malten in der Zeit Bilder, von denen eines in der Ausstellung hängt: Ein blondes Mädchen, umringt von Schwärze, wird von einem Drachen bedroht. Doris kam als Zehnjährige am 28. April 1942 nach Theresienstadt. Die SS setzte das Mädchen am 16. Oktober 1944 in den Zug nach Auschwitz, wo es ebenso den Tod fand wie der ein Jahr jüngere Petr Abrahamovsky, der am 8. Juli 1943 eintraf und 15 Monate später in Auschwitz umkam.
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