SICHER LEBEN IM ALTER Experten beraten und geben viele Tipps aus der Praxis Auf Stürze und Schockanrufe vorbereitet sein

Wie mit kleinen Übungen die körperliche Stabilität und Balance gesteigert werden kann, zeigte VHS-Dozentin Samira Schmid (links) bei der Sturzprophylaxe. Bild: Postl

Neu-Isenburg – Die „ewige Jugend“, wie sie oft in Liedern besungen wird, gibt es nicht – und Lieder über das Alter schon gar nicht. „Das Alter ist nichts für Feiglinge“, hört man dagegen oft von jenen, die sich in diesem Lebenszyklus befinden. Die Stadt Neu-Isenburg gilt als eine jener Kommunen, die sich vorbildlich um ältere Menschen kümmern. Neben entsprechenden Wohnheimen gibt es auch zahlreiche Organisationen, die sich speziell um die Bedürfnisse zur Verbesserung der Lebensqualität älterer Mitmenschen kümmern. Gesteuert und gefördert wird diese Kultur der Verbesserung des Lebens im Alter von der Stadtverwaltung selbst. Unter dem Motto „Sicher leben im Alter“ gab es am Samstag wieder einmal eine besondere Veranstaltung für Ältere.

„Der Mensch ist von Natur aus nicht gemacht dafür, dass er 100 oder gar mehr Jahre alt wird“, sagte Neu-Isenburgs Bürgermeister Gene Hagelstein in seiner Begrüßung im Plenarsaal des Rathauses. „Heute wollen wir uns insbesondere den Aspekten der Sicherheit widmen, dies betrifft sowohl die körperliche Sicherheit als auch jene Gefahren im Internet, die ihre psychische als auch monetäre Lage beträchtlich gefährden können“, so Hagelstein. Auch Stadtverordnetenvorsteherin Christine Wagner, die der Veranstaltung eine Stippvisite abstattete, freute sich über die rege Teilnahme und dankte allen Beteiligten.

Die Präsentation eines Schockanrufs bei einer älteren Dame in Wiesbaden zeigte allen im Saal, welche Wirkungen die Nachricht einer vermeintlichen Anruferin von der Polizei auslösen kann. Die falsche Polizistin behauptete, dass der Sohn der älteren Damen in einen Unfall verwickelt sei, bei dem dieser die Schuld trage und eine Radfahrerin ums Leben gekommen sei. Um einer „Ermittlungshaft“ zu entgegen, sei eine Kaution von 60.000 Euro zu hinterlegen. Erste Zweifel der älteren Dame, ob denn Name und Geburtsdatum ihres Sohnes stimmen, wurden listig aus dem Weg geräumt.

„Sind Sie damit einverstanden, dass dieses Gespräch für die Vorlage bei der Staatsanwaltschaft aufgezeichnet wird“, hinterließ bei der älteren Dame nicht nur einen enormen psychischen Druck, sondern auch das Gefühl, dass alles mit rechten Dingen zugeht. „Diese Anrufer sind speziell geschulte und sehr erfahrene Leute, die es immer wieder verstehen, ihre Glaubwürdigkeit nicht infrage zu stellen“, berichtete Bert Bukvarevic vom Polizeipräsidium Südosthessen. Bukvarevic ist ehrenamtlicher Sicherheitsberater für Seniorinnen und Senioren – und kennt mittlerweile viele solcher Geschichten. „Das Wort Kaution gibt es im deutschen Rechtssystem nicht“, nannte der Sicherheitsberater einen entscheidenden Faktor. „Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und versuchen Sie, bevor Sie überhaupt etwas anderes unternehmen, Ihre Enkelin oder Ihren Enkel zu erreichen – und versichern Sie sich bei der richtigen Polizei, ob es die Anruferperson überhaupt dort gibt“, verwies Bukvarevic auf grundlegende Aspekte. Einige aus dem Publikum konnten bereits von ähnlichen Anrufen berichten.

„Haben Sie vor allem keine Scham, nach einem geglückten Betrug sich der Polizei anzuvertrauen“, nannte Bukvarevic die Gründe für eine hohe Dunkelziffer. Viele Betrügereien laufen mittlerweile auch über das Internet. Wie man solche (meistens) vermeiden kann, das erklärten Bernd Brähler, Norbert Gehring und Bruno Lamoure. Die drei Digitallotsen des Evangelischen Dekanats Dreieich-Rodgau, bereisen viele Kommunen und bieten dort entsprechende Beratungsstunden an. „Schnell ist mal ein Häkchen gesetzt, wo man es nicht setzen sollte, oder eines nicht entfernt, wo man es besser entfernen sollte“, nannte Brähler die größten Leichtsinnsfehler. Doch auch nachträglich lasse sich noch einiges retten, „wenn man weiß wie“, so Gehring. Jeden vierten Montag im Monat sind die Digitallotsen von 15 bis 17 Uhr im Quartier. „Und das für umme“, lud Lamoure jene älteren Menschen ein, die sich ihr Handy oder Tablet „internetsicherer“ einstellen lassen wollen.

Viel Anklang fand die Sturzprophylaxe von Samira Schmid. Die VHS-Dozentin zeigte, wie man auch im eigenen Zuhause mit kleinen Übungen seine körperliche Stabilität und Balance wieder steigern kann – und wie man, im Falle eines Sturzes, reagieren sollte. „Versuchen Sie nicht erst, Ihre Handtasche zu sichern, sondern versuchen Sie, sich mit den Händen und Armen irgendwo abzufangen – notfalls auf dem Boden“, so der Rat Schmids.

Hinweise über die Notrufsysteme durch Elke Roskaritz vom ASB-Regionalverband Mittelhessen rundeten den als sehr „nützlich und hilfreich“ beschriebenen Informationstag ab.
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