Unerwartete Begegnungen in Rot Rauminstallation im Deutschen Filmmuseum

Im „Red Room“: „Hero“ (China 2002, Zhang Yimou) – Herbst in flammendem Rot. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Die Farbe Rot lässt an vieles denken: Rosen, Herzen, Liebe, Kinosessel, Vergnügungsviertel, Lippen, Haare, Fingernägel, Kleider, Dessous, Ampeln, Bremslichter. Aber auch Blut, Wut, Hass, Gewalt und Tod. Zur Eröffnung der Schau „Rot. Eine Filminstallation im Raum“ verwies Claudia Dillmann, Direktorin des Deutschen Filmmuseums, auf die ambivalente Wirkung der Farbe im Film: „Wie auch immer diese starke Farbe eingesetzt wird – sie emotionalisiert. Wir präsentieren Rot in verschiedenen Facetten. Der Rot-Anteil baut sich schrittweise in den Filmausschnitten auf und ermöglicht so unerwartete Begegnung mit bekannten Filmen.“

Die Exposition im dritten Obergeschoss des Filmmuseums ist eine weitere Antwort auf die Frage, wie sich Film ausstellen lässt und Anlass zur kritischen Auseinandersetzung. Dillmann erinnerte an vorangegangene Ausstellung wie „Film Noir!“ 2012, „Bewusste Halluzinationen“ 2014, „Film und Games“ 2015.  Ein weiteres Problem bewegt das Filminstitut über die Ausstellung hinaus: Wie lassen sich die in den 1960er Jahren produzierten Farbfilme erhalten? Um zu den 229 Filmausschnitten zu kommen, sahen die Ausstellungsmacher rund 450 Filme durch und am Ende buchstäblich Rot. Dillmann dankte den beiden Kuratorinnen Stefanie Plappert und Daria Berten, den Gestaltern von Tamschick Media + Space Berlin und allen, die an der Exposition mitwirkten. Außerdem verwies die Direktorin auf die Webseite rot-webdoku.de, die in Zusammenarbeit mit Studierenden der Tübinger Medienwissenschaft erstellt wurde.

Julia Roberts im langen roten Abendkleid

Zur Einstimmung lief ein Trailer zu „Rot“ und ein Ausschnitt aus Alfred Hitchcocks Thriller „Marnie“ (1964) mit Tippi Hedren und Sean Connery. Marnie sagt während eines Gewitters, dass draußen in rötlichen Tönen tobt und nichts Gutes verheißt: „Stop the colours!“ (Stopp die Farben!)Nina Teufel, Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und Vorsitzende des Kultur- und Freizeitausschusses, würdigte die „besonders attraktiven Ausstellungen des Filmmuseums“, die auch und gerade Kinder und Jugendliche begeistern. Ein Ausschnitt aus Garry Marshalls „Pretty Woman“ (1990) folgte: Julie Roberts betört in einem langen roten Abendkleid.

Peter Gatzemeier, Vorstand der Dr. Marschner-Stiftung, die das Projekt unterstützt, lobte: „Mit dieser Ausstellung ist ein großer Wurf gelungen.“ Eine Sequenz aus William Wylers „Jezebel“ (1938) bewies, dass auch in Schwarz-Weiß-Filmen Kontraste deutlich werden. In einem roten Kleid erscheint Bette Davis auf einem Ball – ganz und gar unschicklich. Stefanie Plappert erinnerte darin, dass ein Schwarz-Weiß-Film 1931 zensiert wurde, weil er eine rote Fahne zeigte – davon gingen die Gutachter aus, obwohl keine Farben zu sehen waren. Bereits 1925 viragierte (färbte ein) Sergei Eisenstein die rote Fahne in „Panzerkreuzer Potemkin“. Der farbenblinde dänische Regisseur Nicolas Winding Refn sieht in Rot „das Innere“ in inszeniert so besondere Räume.Jean-Luc Godard zeigt in „Pierrot le Fou“ (1966) nicht das Blut, an das sich alle auf Tausenden von Bildern gewöhnt haben, sondern die Farbe Rot.

In rotes Licht getauchte Treppe

Während im Foyer Chris de Burghs „Lady In Red“ erklang, kletterten die Gäste die in rotes Licht getauchte Treppe zur dritten Etage hinauf. In den Ausstellungsräumen gibt es zentral einen „Red Room“, von roten Gaze-Stoffbahnen begrenzt. In diesem Quadrat spielt das Set-Design auf vier Screens die Hauptrolle. Auf insgesamt elf Leinwänden sind Filmbeispiele und über Picobeamer auf dem Fußboden Erläuterungen zu weiteren Themen wie Kostüm, Maske, Physis, Gegenstände und Regie zu sehen.

„Rot steht auch für das Leben und den Tod – klar, dass sich das auch auf den Leinwänden zeigt. Wir haben uns aber bemüht, nicht unnötig grausame Szenen auszuwählen, und diese größtenteils in einem separaten Bereich platziert. Wir wollen ja nicht schockieren, sondern vor allem die Bedeutungsvielfalt der Farbe Rot feiern“, erklärte Stefanie Plappert.

Zur Rauminstallation, die noch bis zum 13. August im Haus am Schaumainkai 41 zu sehen ist, gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm und Kooperationen mit weiteren Museen. Details dazu sind unter www.deutsches-filminstitut.de zu finden.