Gut 45 Jahre nach der Schließung soll Altdeponie Eisert abgedichtet werden Giftmüll-Geschichte bekommt ein Ende

Die Sanierungsfirma beim Voraushub: Auf dem neun Hektar großen Areal wurden bis in die späten 1970er Jahre Millionen von Tonnen an Abfällen entsorgt. Bild: PM/ HIM ASG

Großkrotzenburg – Es ist eine durchweg erfreuliche Nachricht: Die Altdeponie Eisert soll in den kommenden sechs Jahren endlich gesichert werden. Erst kürzlich war Staatssekretär Oliver Conz zu Gast, um die Baustelle zu besichtigen. Das neun Hektar umfassende Gelände wird zunächst mit Tausenden Tonnen mineralischem Material aufgefüllt. Im Anschluss wird die Altdeponie, auf der selbst in großer Tiefe noch Schadstoffe lagern, mit einer bis zu 38 Meter tiefen Dichtwand eingekapselt. Am Ende erhält die Deponieoberfläche eine Begrünung, damit sie sich wieder in die Landschaft eingliedert.

Die Zuständigkeit für die Überwachung und Genehmigung liegt beim Regierungspräsidium Darmstadt (RP). Die Mittel werden durch das Land Hessen zur Verfügung gestellt. Mit der Projektsteuerung hat das Land Hessen die HIM GmbH beauftragt.

Die Geschichte der Altdeponie zwischen Kraftwerk Staudinger und Main ist eine lange. Denn gut 45 Jahre ist es her, dass hier zuletzt Abfall entsorgt wurde. Etwa 1,5 Millionen Tonnen davon liegen heute auf einer riesigen Fläche, so groß wie zwölf Fußballfelder: nicht nur Hausmüll, sondern auch mineralische Abfälle, Reifen, giftiger Sondermüll.

Entsprechend damaliger Praxis war das Areal nicht gesichert: Eine Abdichtung des Rands, der Basis und der Oberfläche existiert nicht. Dadurch dringen Regen und Grundwasser ein und schwemmen die giftigen Chemikalien aus: Mineralölkohlenwasserstoffe, aromatische Kohlenwasserstoffe, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Chlorphenole, Phenole, Schwermetalle, Bor, Barium sowie halogenierte Stoffe. Sie werden seit Jahrzehnten über das Grundwasser ins Mainvorland und weiter in den Main transportiert. „In tieferen Grundwasserleitern wurden keine erhöhten Schadstoffkonzentrationen nachgewiesen“, teilt das Landesumweltministerium mit. Betroffen sei vor allem der erste, oberflächennahe Grundwasserleiter, hier werden Schwellenwerte überschritten. Deshalb ist es den Großkrotzenburger Haushalten im Westen schon lange verboten, Grundwasser auf ihrem Grundstück zu entnehmen.

Offenbar hatten RP und Land aber keine hohe Dringlichkeit gesehen, das Gelände zu sichern. „Bei der Altdeponie Eisert handelt es sich um ein wenig zugängliches Gebiet“, teilt das Ministerium mit. Es habe keine unmittelbare Gefahr des Wohls der Allgemeinheit oder direkte Gefährdung von Anwohnern oder der Trinkwasserversorgung bestanden. Der Sanierungsbedarf resultiere aus der Grundwasserverunreinigung und dem Schutz des Grundwassers und des Mains.

Dass seit Start der Boden- und Grundwasseruntersuchungen in den 1990er Jahren, die das Ausmaß des Schadens ans Licht brachten, noch einmal gut 30 Jahre ins Land gegangen sind, habe auch an „komplexen und schwer vorhersehbaren örtlichen Verhältnissen“ gelegen, der Hydrogeologie und der räumlichen Verteilung der abgelagerten Stoffe. Es hätten sich immer neue bau- und umwelttechnische Fragestellungen aufgetan, heißt es seitens des Umweltministeriums.

Die Entscheidung zur Sicherung der Altdeponie ist schließlich 2014 getroffen worden, 2015 kam es zu ersten Maßnahmen, Rodungen und Artenschutz-Eingriffen. 2016 und 2017 sei im zentralen Ablagerungsbereich eine Arbeitsebene aus etwa 116 400 Tonnen Material hergestellt worden. „Im Zuge der Sicherung werden 600 000 Tonnen an Material zur Profilierung benötigt“, so das Ministerium. Zur Entlastung des lokalen Straßenverkehrs wurde deshalb ein Schiffsanleger am nördlichen Mainufer errichtet. Die endgültige Planung wurde 2021 zur Genehmigung eingereicht.

Staatssekretär Conz hob bei seinem Besuch vor allem den Naturschutz am Ort hervor: Im Rahmen der Sanierungsarbeiten seien von Anfang an Ausgleichsmaßnahmen vorgenommen und Lebensraum für örtlich ansässige Arten geschaffen worden, heißt es, etwa mit Fledermauskästen sowie diversen Pflanzungen. Insgesamt würde über ein Hektar an Ausgleichsfläche sichergestellt. Es seien über 100 Meter Totholzhecken als neue Habitate errichtet und die Umsiedlung von geschützten Arten wie Zauneidechsen durchgeführt worden. Aktuell würden aus einem Kraftwerkssee Aale und Muscheln geborgen und in den Main umgesiedelt.

Bürgermeisterin Theresa Neumann begrüßt es, dass die Sanierung endlich Fahrt aufnimmt. „Für die Zukunft ist interessant, wie das Areal genutzt werden kann“, sagt sie und verweist auf die Möglichkeit, hier Photovoltaikflächen zu installieren. Was in Zukunft mit dem Gelände passiert, liegt in den Händen der Eigentümerfamilie Eisert.
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