„Herr Käthe“ klatscht den Teig auf den Tisch Gudrun Meißner brilliert in der Rolle als Luthers Frau

Gudrun Meißner begeisterte als Katharina Luther in ihrem Eine-Frau-Stück. Foto: eis

Fechenheim (eis) – Wie wäre es wohl, wenn man die Frau des berühmten Reformators Martin Luther in ihrer Küche belauschen könnte? Zu dieser Reise in die Zeit vor 500 Jahren lud die evangelische Gemeinde Fechenheim ein.

Gudrun Meißner präsentierte dort das von ihr selbst verfasste Eine-Frau-Stück „Katharina Luther, geb. von Bora, in der Küche belauscht“. Musikalisch umrahmt und eingeleitet wurde das Ganze durch das Frankfurter Renaissance-Ensemble unter Leitung von Matthias Schneider, das Variationen des Chorals „Ein feste Burg ist unser Gott“ auf historischen Instrumenten wie Schalmeien, Gamben und Ranketts darbot.

Renaissance-Ensemble spielt zehn Variationen zu „Ein feste Burg ist unser Gott“

Der Choral, der von Martin Luther verfasst und auch komponiert wurde, gilt als Hymne der Reformation. Bei den vom Renaissance-Ensemble vorgetragenen Stücken wechselten sich instrumentale und gesungene Stücke ab. Milena Schneider, Marius Schneider, Clemens Meier und Martin Höllenriegel trugen die verschiedenen Gesangsstimmen bei. Insgesamt brachte das Ensemble zehn Variationen zu Gehör, von einem anonymen, aus dem Wittenberger Kreis stammenden Komponisten bis hin zu dem bekannten Barock-Komponisten Johann Pachelbel.

Gudrun Meißner leitete das Theaterstück, im Wechsel mit der Musik des Renaissance-Ensembles mit drei kleinen Vorträgen über Luther ein. Zunächst fragte sie sich, weshalb die Reformation bei Luther geklappt habe. Denn bereits lange Zeit vorher hatte es schon Versuche gegeben, die Kirche zu reformieren. Fast 350 Jahre lang hatte es Proteste und Erneuerungsbewegungen gegeben. Doch erst Luther hatte Erfolg. „Die Zeit muss reif sein für entscheidende Veränderungen“, zeigte sich Gudrun Meißner überzeugt. Der Ablasshandel betraf damals wirklich alle. Hinzu kamen die Erfindung des Buchdrucks und Lukas Cranach, der Luthers Botschaft in Bilder umsetzte, die jedermann verstehen konnte. Luther wollte keine Spaltung der Kirche. Aber er wollte eine Erneuerung, auch des Gottesdiensts, und zwar mit Musik und Gesang.

Gudrun Meißner beleuchtet das Verhältnis von Luther zu Frauen

Anschließend widmete sich Gudrun Meißner dem Verhältnis von Luther zu den Frauen. Es ärgere sie, dass man heute Luther so leicht für seine Äußerungen verurteile, sagte Meißner. Man müsse auch die Umstände der damaligen Zeit berücksichtigen, in der Frauen nichts galten. Wenn Luther seine Frau „Herr Käthe“ genannt habe, so sei dies nicht herablassend, sondern im Gegenteil sehr wertschätzend gemeint gewesen, denn damit stellte er sie quasi auf eine Stufe mit den Männern, die damals das alleinige Sagen hatten. So nahm Katharina auch an Tischgesprächen im Hause Luther teil und erwarb sich dort mit geistreichen und schlagfertigen Beiträgen Respekt.

Luther habe sogar ein sehr modernes Frauenbild gehabt und setzte in seinem Testament seine Frau als Erbin und Vormund der gemeinsamen Kinder ein. Dieses Testament wurde auch zunächst nicht anerkannt, erst nachdem sich der Kurfürst eingeschaltet hatte, wurde ein Kompromiss gefunden. Luther habe auch nie gesagt, dass Frauen nur an den Herd gehörten – im Gegenteil. Er sei sehr dafür gewesen, dass auch Mädchen die Schule besuchten, damit auch sie die Bibel lesen und den Kindern daraus vorlesen konnten. „Die Anfänge der Bildung für Frauen liegen in der Zeit der Reformation“, betonte Gudrun Meißner. „Bis es ihnen dann tatsächlich auch per Gesetz erlaubt wurde, zu studieren sollte es dann noch fast 400 Jahre dauern.“

Katharina von Bora flüchtete aus dem Kloster

Abschließend warf Meißner dann noch einen Blick auf die Frau an Luthers Seite. Katharina von Bora stammte aus verarmtem Adel, kam als Kind ins Kloster, von wo sie aber im Alter von 24 Jahren mit acht weiteren Nonnen flüchtete. Sie kam im Hause Lukas Cranachs unter und war zunächst mit einem Nürnberger Patriziersohn verlobt, der sie jedoch sitzenließ. Luther versuchte zunächst, sie mit dem Theologen Kaspar Glatz zu verheiraten, doch Katharina lehnte ab und erwiderte, dass sie dann lieber Luther selbst heiraten würde. Dazu kam es dann schließlich auch. Das Paar bekam sechs Kinder, von denen vier überlebten.

Schließlich betrat Katharina Luther, geb. von Bora, ihre (Bühnen-)Küche, um Brot für die Reise ihres Mannes nach Eisleben zu backen. Dort sollte Luther einen Streit der Grafen von Mansfeld schlichten – eine Reise von der er nicht zurückkehren würde. Katharina, die wohl schon eine Vorahnung hatte, hielt daher während des Teigknetens Rückschau auf ihre 21 Ehejahre. Sie erzählte von ihrer Flucht aus dem Kloster, der Ehe mit ihrem „Martinus“ und der Last, jeden Tag 40 bis 50 Studenten sattzubekommen. Kamen dabei Dinge zur Sprache, die nicht in Katharinas Sinn waren, klatsche auch schon mal der Teig geräuschvoll auf den Tisch, was für Schmunzeln im Publikum sorgte.

Gelungene Kombination aus Vorträgen und Theaterstück

Am Ende gab es lautstarken und lang anhaltenden Applaus. Insbesondere die sehr passende Kombination aus Vorträgen und Theaterstück sowie der nicht alltäglichen Musik empfanden die Besucher als eine außerordentlich gelungene Kombination und eine „runde Sache“.

Das 1976 in Frankfurt gegründete Renaissance-Ensemble besteht aus Musikern, die sich der Musik des 16. Und 17. Jahrhunderts verschrieben haben. Sie spielen nach Originalnoten und verwenden historische Instrumente. Zudem spielen sie auch gerne Stücke unbekannter Komponisten. Das Ensemble möchte so eine Brücke zwischen der Musik von gestern und dem Hörer von heute schlagen. Im Anschluss an das Theaterstück stellten die Musiker dann auch dem Publikum noch kurz ihre ungewöhnlichen Instrumente vor.

Gudrun Meißner, Sozialpädagogin, die in der Jugendarbeit tätig war, hat das Theaterstück bereits 1996, anlässlich des 450. Todestags Luthers geschrieben, erzählte sie im Anschluss. Nach so langer Zeit habe sie es nun etwas modernisiert und einige neue Szenen verfasst. Bei dem Gespräch erklärte Meißner auch, was aus dem Hauptrequisit wird: „Der Teig, den ich geknetet habe, gibt morgen einen schönen Zwiebelkuchen.“