Offenbacher Pianisten im Büsingpalais musikalisch in Bestform Stark an den Klaviertasten

Pianistin Lydia Maria Bader spielte beim traditionellen Neujahrskonzert im Büsingpalais Variationen zu Wolfgang Amadeus Mozart. Foto: Klein

Offenbach – Feinkost à la carte beim traditionellen Neujahrskonzert: Mit „Variationen“ war der schon traditionelle Auftritt Offenbacher Pianisten überschrieben, die nach Corona bedingter Pause im Büsingpalais in der Herrnstraße 82 einmal mehr zu Bestform aufliefen.

Erstmals mit von der Partie war Lydia Maria Bader, Globetrotterin in Sachen Klavierkunst mit Wahlheimat Offenbach.

Variatio delectat – Abwechslung macht Freude. Diesem Motto spricht auch Moderatorin Ruth Zetzsche zu, die nicht nur Form und Inhalt eines jeglichen Werks, sondern auch die besonderen Lebensumstände der Komponisten zur Entstehungszeit nahebringt. Auf hohem Niveau spielend, bezeugten dann die Solisten ihre intensive Auseinandersetzung mit Werken zwischen Barock und Hochromantik. Schon zum Auftakt gibt‘s ein Aha-Erlebnis. In J.S. Bachs „Aria variata alla maniera italiana“ hat Werner Fürst das italienisch anmutende Arienthema mit viel Pralltriller-Zierrat versehen. Stilistisches Feingefühl bezeugt der Pianist dann in den Variationen, die mal wie improvisatorisch daherkommen, sich in barocken Tanzformen wie der bedächtigen Sarabande, der munteren Gigue verlustieren oder wie eine Etüde anmuten. Den rhythmischen Drive hat Fürst offenbar vom kanadischen Barock-Entstauber Glenn Gould gepachtet.

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Dann Mozarts während eines Pariser Aufenthalts entstandenen Variationen über das Kinderlied „Ah, vous dirai-je, Maman“. Ein Semester lang hat einst die Frankfurter Pianistin und Professorin Gisela Sott ihre Schüler mit dieser Mozart-Perle konfrontiert, der Hoffmann von Fallersleben den Text „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ unterlegte. Konnte man an deren Variationen doch ideal die hohe Kunst des Klavieranschlags lernen, die auch Lydia Maria Bader verinnerlicht hat.

Zwischen flinken Figurationen und kraftvollen dramatischen Aufschwung lässt es die erst kürzlich im Salzburger Mozarteum erfolgreiche Pianistin angelegentlich perlen, zudem für eine mutmaßliche Offenbacher Erstaufführung sorgend. Ihre „Variationen für Klavier fis-Moll über ein Thema von Robert Schumann“ hat dessen Ehefrau Clara dem schon psychisch angeschlagenen Gatten zum Geburtstag geschenkt.

Ein Liebesbekenntnis also, von einer großen Pianistin verfasst, die sich hier als veritable Komponistin outet. Lydia Maria Bader zündet denn auch nach Passagen tiefer Empfindung ein wahrlich virtuoses Feuerwerk.

Vorausgegangen ist Beethovens Klaviersonate Nr. 12 As-Dur, die mit einem „Andante con variazioni“ beginnt, mit dem der Klassiker schlechthin schon das Tor zur Romantik weit öffnet. Frank Spannaus macht das ebenso klar, wie er den für eine Beethoven-Sonate ungewöhnlichen Trauermarsch mit schweren Akkordschlägen versieht und das quirlige finale Allegro virtuos befeuert.

Den schwersten Brocken stemmt wieder einmal ein Ronald Fries in Hochform. Seine „Variationen und Fuge über ein Thema von Händel B-Dur“ hat Johannes Brahms der von ihm hochgeschätzten Clara Schumann zum Geburtstag verehrt, die zur Uraufführung in Leipzig ob deren Schwierigkeit Todesängste erlitt. Furchtloser schon der in vielen erfolgreichen Klavierabenden gestählte Bieberer Fries, der nicht nur mit Brahms den Bogen zwischen Barock und Hochromantik zieht, sondern auch zielstrebig nachweist, dass aus dessen Variationen immer wieder Neues wächst.

Fries agiert hier so dynamisch und frei von klanglichem Pedalqualm, dass man den Technik- und Kraftaufwand total vergisst. Natürlich gibt’s Bravorufe dafür, final allen Beteiligten geltend, die ein konzertantes Offenbacher Markenzeichen feinpoliert haben.

VON KLAUS ACKERMANN