Dankbar ist sie dem Projektleiter für seine Unterstützung bis heute. So ist es für sie selbstverständlich, an der Feier zum zehnjährigen Bestehen von Scout in den Räumen am Alten Friedhof teilzunehmen. 2013 als Kooperation von Jugendamt und Staatlichem Schulamt in den Räumen des KJK Sandgasse ins Leben gerufen, richtet sich das Projekt an Schulverweigerer, die sich dem System seit Monaten oder Jahren völlig entziehen. Jugendliche, die resigniert haben, die keinen Sinn darin sehen, die Schule zu besuchen. Oft haben sie familiäre Probleme. Auch Ärger mit Lehrern und Mobbing-Erfahrungen können sie zu notorischen Schwänzern werden lassen. „Sie haben den Anschluss verpasst, teils schon in der vierten, fünften Klasse“, weiß Denise Freidank, die mit Wiehe das Projekt leitet. Finanziert wird dieses aus kommunalen Mitteln, es ist offen für Schüler aller Offenbacher Gesamtschulen. Dass Jugendliche ihrer Schulpflicht in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe nachgehen, ist ungewöhnlich. Doch sie einfach wieder in den regulären Betrieb einzugliedern, funktioniert nicht. Vielmehr ist es ein Prozess, der intensiver Betreuung bedarf. Im Durchschnitt nehmen sieben bis acht Schüler im sechsten oder siebten Schulbesuchsjahr teil, vermittelt von Lehrern oder Schulsozialarbeitern. In einem Aufnahmegespräch im Frühsommer werden Lernstand und Zielsetzungen ermittelt – und der Wille, etwas ändern zu wollen. Mindestens an drei Tagen in der Woche werden die Teilnehmer in den Grundfächern Deutsch und Mathematik unterrichtet. Neben Wiehe und Freidank übernimmt das mit einer halben Stelle Angela Volz, Lehrerin an der Albert-Schweitzer-Schule.
Der Unterricht in Kleingruppen ist individuell. Manche Teilnehmer beherrschen nicht einmal die Grundrechenarten oder sind kaum alphabetisiert, andere sind weiter. Was jedoch allen schwer fällt: Dranbleiben, sich konzentrieren. „Sie müssen erst wieder lernen zu lernen“, erläutert Freidank das Problem. Hinzu kommen soziale Spiele, Projektunterricht, Angeboten von Musik und Medienarbeit bis zu Sport oder Fahrradreparatur. Also ein völlig anderes pädagogisches Umfeld als in der Schule und somit eine Gegenerfahrung zur bisherigen, völlig eingefahrenen Situation. „Aus diesem Umfeld fällt die Rückführung in die Schule erstmal nicht so leicht“, weiß Daniela Wurz, zuständige Sachgebietsleiterin beim Jugendamt. Doch Hospitationstage in den regulären Klassen gehören dazu, auf Wunsch begleitet. „Denn das Ziel ist die Rückkehr ins geregelte Schulsystem, um wieder auf den Abschluss hinzuarbeiten“, stellt Helge Messner klar, stellvertretender Leiter des Staatlichen Schulamts Offenbach. Das gelingt pro Jahr vielleicht drei Teilnehmern. Andere sind nicht zu halten, verweigern sich weiterhin, rutschen in die Kriminalität ab. Doch manche kommen noch nach Jahren, suchen Rat. Sie haben die Kurve gekriegt, wie O. „Bitte, hört zu. Nehmt es an, was man euch sagt – auch wenn ihr das erstmal anders seht“, appelliert die Studentin an die aktuelle Gruppe.
Von Veronika Schade