Erik Steinheimer und Gerolf Baum betreiben „Deiwel-Stöffche“ Aus einer Bierlaune zum Apfelwein

Aus Liebe zur Tradition und dem Handwerk: Erik Steinheimer und Gerolf Baum keltern eigenen Apfelwein.

Dietzenbach – Wenn letzte Strahlen der Spätsommersonne durch dicke Regenwolken brechen, ist Erntezeit angesagt. Die Apfelbäume am Fuße des Wingertsbergs, wo die Streuobstwiese von Gerolf Baum liegt, warten mit gut bestückten Ästen auf die Erntehelfer. Ein kurzes Rütteln genügt, um die reifen Früchte ins regennasse Gras plumpsen zu lassen.

Der Hobby-Obstbauer beäugt jeden Apfel, ehe sie in einem großen Korb landen. Faule Stellen sind ein Ausschlusskriterium, Sonnenbrand auf der Schale stellt dagegen kein Problem dar. Letzteres Bild zeigt sich nach dem heißen, trockenen Sommer an so mancher Frucht. „Aber wir können zufrieden sein – die Bäume tragen gut, auch wenn die Früchte klein sind“, urteilt der Dietzenbacher. Das Grundstück mit den zehn Hochstämmen auf 1000 Quadratmetern pflegt Baum seit 2017, nachdem dort einige Jahre nichts mehr passiert war. Neben dem fachgerechten Schnitt der Obstbäume hat er dort unter anderem Wildbienen angesiedelt, denn Apfelblüten wollen schließlich bestäubt werden. Die Natur hatte für den 38-Jährigen schon immer einen hohen Stellenwert, der Wunsch nach einer eigenen Obstwiese „war eigentlich schon immer da“.

„Aus einer Bierlaune heraus habe ich mit Freunden beschlossen, aus der Ernte Apfelwein zu machen“, erzählt der 38-Jährige weiter. Dies sollte die Geburtsstunde von „Deiwel-Stöffche“ werden – ein Label, das für ökologischen Ebbelwoi aus Dietzenbach steht.

Erste Versuche starteten die Dietzenbacher in Baums Keller, später lagerten die Bottiche bei Erik Steinheimer. Diesen packte die Leidenschaft so sehr, dass er sich 2018 zusammen mit Baum ein weiteres Grundstück, den „Herrnacker“, in Offenthal gekauft hat – und fest mit einstieg. Während das Wiesenstück am Wingertsberg zwar vernachlässigt war, war dies kein Vergleich zu dem Bild, dass sich den beiden Dietzenbachern auf dem zweiten, rund 3000 Quadratmeter großen Areal bot. „Wir mussten erst einmal viele kranke Bäume fällen und eine wuchernde Brombeerhecke zurückschneiden“, berichtet Steinheimer. Um die vier Meter sei diese hoch gewesen. Die Spalierobstanlage sei damals zu eng bepflanzt worden, quasi „Massenbaumhaltung“. Steinheimer zieht den Vergleich: „Das ist für Bäume genauso schädlich wie Massentierhaltung für Tiere.“ Drei Jahre haben die Aufräumarbeiten gedauert, ehe an eine Ernte auch nur gedacht werden konnte. Das Hinzuziehen eines Pomologen, also eines Obstbaukundlers, brachte Klarheit darüber, welche Sorten auf dem Acker überhaupt wachsen.

Aus der ehemaligen Spalierobstanlage machen die Dietzenbacher nun eine Streuobstwiese und schaffen ein Biotop. Einen Teil der alten „Baumruinen“ lassen sie dabei bewusst stehen. „Sie halten das Grundwasser im Boden“, erläutert Gerolf Baum. Bei Neupflanzungen legen sie den Fokus auf alte hessische Lokalsorten, die bereits vor mehr als hundert Jahren von damaligen Spezialisten empfohlen worden sind, so etwa der Matapfel oder der Kalbfleisch-Apfel. Doch stellt sich bei einer hundert Jahre alten Empfehlung nicht die Frage nach dem Klimawandel? „Durch die Oberrheingraben herrschen hier in der Region generell eher trockenere Wetterverhältnisse“, weiß Baum. Erik Steinheimer ergänzt: „Die alten Sorten sind insgesamt resistenter, auch gegen Schädlinge.“ Das seien gute Voraussetzungen für eine Neupflanzung.

Und während die Streuobstwiesen allmählich gediehen, tat dies auch das kleine Unternehmen, das die Apfelfreunde nebenberuflich gegründet haben. Bei der Größe des Ackers sei schnell klar gewesen, dass es den Eigenbedarf ganz deutlich übersteigt. Als GbR erfüllen sie alle (lebensmittel-)rechtlichen Vorgaben, um eigens gekelterten Apfelwein in den Verkauf zu bringen. Das erste „offizielle“ Deiwel-Stöffche gab es dieses Jahr, entweder über die Webseite oder bei „Echter Genuss“ am Stadtbrunnen. Der Blick auf die Ernte von knapp zwei einhalb Tonnen Obst ist vielversprechend. Insgesamt landen 21 Sorten Äpfel im „Deiwel-Stöffche“ – dies betont noch einmal den eigenen Anspruch, ein regionales Produkt herzustellen. „Gequetscht“ wurde bei der Kelterei Schäfer in Sprendlingen. Als Zwei-Mann-Unternehmen fehle schlicht die Infrastruktur, um dies selbst zu übernehmen. „Aber es sind keine Fremdäpfel im ‚Stöffche‘“, versichert Baum.

Die Ernte ist geschafft, die Äpfel sind gepresst, der Most ist abgefüllt. Während man sich noch den Schweiß nach getaner Arbeit von der Stirn wischt, steigt die Vorfreude auf den Winter. „Dann ist der Apfelwein fertig“, verrät Steinheimer.

Von Lisa Schmedemann