Warnungen bei von Jugendbeirat organisierter Anti-Rassismus-Veranstaltung Die Signale wahrnehmen

Referent Behrouz Asadi plädiert dafür, dass sich in der Schule stärker mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt wird. Sängerin Eugenia beschwört mit ihren Liedern die Einigkeit aller Menschen. Bild: ans

Dietzenbach – Aufgrund der eigenen Herkunft keine Wohnung bekommen, von Fremden als Gastarbeiterkind bezeichnet oder in einer Behörde erniedrigt werden: Solche und andere Rassismuserfahrungen mussten die Zuhörerinnen und Zuhörer im Bildungshaus bereits machen. Sie waren am Samstag der Einladung des Jugendbeirats gefolgt. Der Beirat hatte im „Bunten“, wie das Gebäude in der Rodgaustraße auch heißt, eine Anti-Rassismus-Veranstaltung organisiert. Neben den Vorträgen war dabei auch Gelegenheit für einen Erfahrungsaustausch.

Zur Einstimmung sang Eugenia zunächst die Lieder „Imagine“ von John Lennon und „We are the World“, das mehrere amerikanische Künstler 1985 für Afrika aufgenommen hatten. Nach der musikalischen Darbietung gaben Jugendbeiratsvorsitzender Jakub Dzwonkowski und Fatma Mahdi einen Einblick in das Thema der Veranstaltung. Während ihrer Präsentation erläuterten die Jugendlichen etwa die Unterschiede im Rassismus. Bei der soziologischen Ausprägung werde eine Ethnie besser dargestellt, als die andere, erläuterte Dzwonkowski. Als Beispiel führte er die Nationalsozialisten an, die sich über die Juden gestellt hatten. Fremdenfeindlich sei jedoch auch Schubladendenken beziehungsweise Unterteilen in Stereotypen, wie Mahdi hinzufügte. „Jede zweite dunkelhäutige Person erlebt mindestens einmal im Leben Rassismus“, sagte der Jugendbeiratsvorsitzende, bevor er das Wort an Behrouz Asadi, Leiter des rheinland-pfälzischen Migrationsbüros der Malteser, übergab.

Der Herrschaft der Nationalsozialisten hätten die Alliierten ein Ende gesetzt, sagte dieser zu Beginn seines Vortrags. „Rassismus und Faschismus wurden jedoch nicht beseitigt“, fuhr er fort. Es gebe immer noch verdeckte und offene Fremdenfeindlichkeit.

„Ich bin der Meinung, dass sie in der Bildung und der Politik versagt haben“, machte Asadi seinen Standpunkt deutlich. Es reiche nicht aus, im Unterricht nur über die NS-Zeit zu sprechen. Die Lehrer müssten mit den Schülern ebenso in ein Konzentrationslager fahren, um ihnen das Ausmaß der Geschichte deutlich zu machen.

Es sei auch insgesamt notwendig, dass Gesellschaft und Politik die Signale wahrnehmen, in welche Richtung sich Deutschland entwickele. Dazu zählte Behrouz Asadi neben der Potsdam-Konferenz ebenso die Kommunalwahl in Thüringen, bei der die AfD landesweit 25,8 Prozent der Stimmen holte. „Wir müssen gemeinsam gegen die Entwicklung vorgehen“, betonte er.

Im Anschluss ergriffen Mustafa Karaca, Trainer und Koordinator für interkulturelle Kompetenz im Polizeipräsidium Südosthessen, und der Schutzmann vor Ort, Felix Sandner, das Wort. „Die politisch motivierte Kriminalität hat sich deutschlandweit innerhalb von zehn Jahren verdoppelt“, erläuterte Karaca. In Hessen sei sie in der Zeit von 2018 bis 2023 sogar um mehr als das Doppelte angewachsen. Etwa im Polizeipräsidium Südosthessen haben man deshalb eine große Abteilung eingerichtet, die sich mit den entsprechenden Delikten beschäftige. „Früher waren dafür gerade einmal zehn Kollegen zuständig“, verdeutlicht der Beamte weiter.

Gleichzeitig beschäftigt sich die Polizei nach Karacas Worten mit den Rassismus-Problemen in den eigenen Reihen. War doch etwa die Frankfurter Polizei durch rechtsextreme Chatgruppen und Drohschreiben der NSU 2.0 aufgefallen. Hessenweit gebe es derzeit 47 Ermittlungsverfahren gegen Kollegen, informierte Mustafa Karaca. „Man kann es nicht schönreden“, brachte er es auf den Punkt. Doch es werde etwas unternommen und man versuche, die Personen loszuwerden. Es sei etwa ein neues Leitbild entwickelt worden und bei der Einstellung zum Polizeistudium würden die Bewerber strenger überprüft. Außerdem gebe es eine Aus- und Fortbildung zum Thema interkulturelle Kompetenzen.

Von Anna Scholze

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