Wenn es gar nicht anders geht, kommen die Sorgenkinder tagsüber mit auf ihre Arbeitsstelle im Frankfurter Palmengarten. Berufliches und Privates zu trennen, bei Sonja Niebergall klappt das nicht. Fast immer ist das Handy angeschaltet. Denn hinter fast jedem Anruf verbirgt sich ein tierisches Schicksal, keiner soll unbeantwortet bleiben. „Der Job geht an die Substanz. Man erlebt viele traurige Schicksale, die einen auch manchmal nicht loslassen. Und ich merke, dass ich älter werde“, sagt Sonja Niebergall. Täglich um 5 Uhr steht sie auf, versorgt die Schützlinge im Haus, bevor um 6.30 Uhr ihr Arbeitstag im Palmengarten beginnt. Vor 22.30 Uhr sei sie selten zuhause, sagt Sonja Niebergall, die auch am Wochenende mit anpackt. Freude mache ihr der Job trotzdem noch immer. „Sonst könnte ich ihn nicht machen“, sagt sie.
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Tiere, die die Station in Obhut nehmen musste, stetig zugenommen. Gerade im Sommer stößt der Verein an seine Grenzen. Schuld ist die wochenlange Hitze, die Eichhörnchen, Igeln und Vögeln schwer zu schaffen macht. Doch es gibt auch schöne Erlebnisse. Etwa der Moment, wenn die Schützlinge in die Freiheit entlassen werden. „Man sieht, wie die Feldhasen Männchen machen und schnuppern. Fast so, als könnten sie die Freiheit riechen“, sagt die Vereinschefin. Gefragt, ob sie ein Lieblingstier habe, überlegt sie kurz. Dachse und Feldhasen mag sie. „Mich reizen die schwierigen Tiere. Die störrischen. Für die hatte ich schon immer ein gutes Händchen.“ Ihre Arbeit für die Wildtierfreunde sei Berufung, sagt Sonja Niebergall.
Der Mensch mache so viel kaputt – sei es durch falsch verstanden Tierliebe oder weil er den Lebensraum der Tiere immer mehr zerstört. „Vielleicht ist meine Arbeit eine Art Wiedergutmachung“.
kbr