Ein Haus voll Glorie und eine wetterfühlige Orgel Weltpremiere mit Naji Hakim in der St. Nikolaus-Kirche

Pfarrer Uwe Hahner, Naji Hakim, Bernd Walz, der stellvertretende französische Generalkonsul Franck Ristori, die stellvertretende Ortsvorsteherin Dr. Alexandra Weizel und die Noten der Auftragskomposition Variationen über den Choral „Ein Haus voll Glorie schauet“. Foto: sh

Bergen-Enkheim (sh) – Nie zuvor Gehörtes präsentierte der Förderkreis Orgel und Orgelmusik an St. Nikolaus. Naji Hakim war mit einer Weltpremiere im Gepäck aus Paris angereist und zum Abschluss erklang eine Improvisation. Ihren eigenen Auftritt hatte die wetterfühlige St. Nikolaus-Orgel.

Der Förderkreis, der das Orgelkonzert in Zusammenarbeit mit der Kulturgesellschaft Bergen-Enkheim, der Deutsch-Französischen Gesellschaft und dem Institut Français veranstaltete, war zu recht stolz auf seinen besonderen Gast. Der gefragte Solokünstler, Improvisator, Lehrer und Komponist hielt bereits 2004 eine Weltpremiere für St. Nikolaus bereit. „Bach-orama“ heißt das Werk, das Hakim im Auftrag des Förderkreises komponiert hatte und das auch dieses Mal wieder auf dem Programm stand. Nicht nur Bach-Fans dürften an der Orgelfantasie ihre Freude gehabt haben, als sie sich auf Entdeckungsreise nach den insgesamt 28 Bach-Themen begaben, die Hakim in seinem einzigartigen Werk verwoben hat. Mittlerweile, so hieß es seitens des Förderkreises, gehöre diese musikalische Huldigung des großen Komponisten, zum Standardwerk der Orgelliteratur. Doch bevor sich Hakim „Bach-orama“ zuwandte, gab es zum volltönenden und fulminanten Auftakt des 108. Großen Orgelkonzerts Präludium und Fuge BWV 544 aus der Feder eben jenes Thomaskantors.

Bei der Clérambault-Suite streikte die Orgel

Bei Louis-Nicolas Clérambaults „Suite du 2e ton“ zeigte sich die Orgel von ihrer empfindlichen Seite: Ein Tonhänger schickte den Musiker in eine Zwangspause, doch zum Glück waren die Technik-Experten sofort zur Stelle, um die „Diva“ wieder in die Spur zu bringen. Das Wetter sei schuld an dem Aussetzer gewesen, erklärte Bernd Walz vom Förderkreis und fügte hinzu: „Eine Orgel ist auch nur ein Mensch.“ Publikum und Organist trugen das Ganze mit Fassung – das ist eben live.

Kompositionen des Virtuosen Naji Hakim begeistern die Zuhörer

Im weiteren Verlauf des Programms erklangen „Prélude, Choral et Danse“, eine Komposition von Hakim, sowie „Prélude, Fugue, Variation“ von César Franck, bevor dann mit der Weltpremiere, Hakims Variationen über den Choral „Ein Haus voll Glorie schauet“, ein weiterer musikalischer Glanzpunkt gesetzt wurde. Die Komposition hatte der Förderkreis anlässlich des 50-jährigen Bestehens der St. Nikolaus-Kirche in Auftrag geben. Die ausdrucksstarken Variationen entlockten der Orgel das ganze Klangspektrum, die wahrhaft glorreiche Musik kam mal verspielt, mal kraftvoll, mal fließend daher, um schließlich in einem Freudentaumel zu enden. Die ergriffenen Zuhörer spendeten lange anhaltenden Applaus.

Improvisation drückt Wunsch nach einem Miteinander von Katholiken und Protestanten aus

Als Themen für die Improvisation, welche den Schlusspunkt des Konzerts markierte, hatte sich der Förderkreis zum Lutherjahr den Introitus des Fastensonntags „Laetare“ („Vorfreude“) und den Lutherchoral „Ein feste Burg ist unser Gott“ ausgesucht. „Mit der improvisatorischen Gestaltung eines katholischen und eines protestantischen Themas soll unser Wunsch nach einem engen Miteinander der beiden großen christlichen Konfessionen anklingen und gleichzeitig auch die Hoffnung auf eine Überwindung der Jahrhunderte alten Spaltung ausgedrückt werden“, so der Förderkreis. Hakim zeigte noch einmal die ganze Bandbreites seiner virtuosen Kunst, indem er zunächst anmutige, sehnsuchtsvolle Töne anschlug, die im Kontrast zu der zunächst trutzigen „festen Burg“ standen. Das Finale war ein volltönendes Jubilieren beider Themen, die schließlich zueinander gefunden hatten.