Ausstellung der Gruppe „The Critics Companie“ im Zollamt MMK Mit den Tränen neue Farben mischen

Susanne Pfeffer (rechts) mit Richard Joshua (von links) und Ronald Yusuff, Godwin Gaza Josiah und Raymond Yusuff auf der Treppe zum Eingang der Ausstellung im Zollamt MMK. Bild: Faure

Altstadt (jf) – Auf der Treppe zu den beiden Ausstellungsräumen im Zollamt MMK, Domstraße 3, begrüßt Susanne Pfeffer, Direktorin des Museums für Moderne Kunst, die Besucher. Neben ihr stehen Richard Joshua, Ronald und Raymond Yusuff sowie Godwin Gaza Josiah. Mit Victor Josiah gründeten die jungen Männer 2015 die Gruppe „The Critics Companie“ in der Millionenstadt Kaduna in Nigeria.

„Wir haben uns vergangenes Jahr getroffen; der Film, den wir gleich sehen, ist extra für diese Ausstellung geschaffen worden“, erklärt Pfeffer.

Im ersten, mit rotem Teppich ausgelegten Raum, blickt der Besucher auf fünf Schwarz-weiß-Bildschirme auf der einen und drei Farbscreens auf der anderen Seite. Godwin Gaza Josiah zeigt nach oben: Von der Decke hängen alte Lampen, Artefakte, die erst 1996 gefunden wurden. „Der rote Boden erinnert daran, dass unsere Völker einen blutigen Kampf führten“, fügt der Künstler hinzu. Dieser Kampf wird zu ausdrucksstarken Tänzen, sie sind auf den Schwarz-weiß-Monitoren zu sehen. Die Bewegungen der Tanzenden strahlen eine unglaubliche Energie aus. Auf Tafeln vor den Screens stehen Informationen zum Dargestellten.

In den 1960er-Jahren wurden viele ehemalige Kolonien in Afrika unabhängig, darunter auch Nigeria (1960). Die Kolonialmächte hatten nicht nur Bodenschätze geraubt und die Bevölkerung versklavt, sie hatten auch Kunstschätze mitgenommen. Im Februar 1897 überfielen britische Kolonialtruppen das Königreich Benin und raubten bis zu 4000 Kunstwerke, mehr als 1000 gelangten auch in deutsche Museen. Erst 2022 wurden einige dieser Schätze zurückgegeben.

Im zweiten Raum läuft ein Film: Er erzählt die Geschichte von Odili, der ein Kunstwerk verkörpert.

Odili wird ausgesetzt, verlässt seine Heimat und begibt sich nach Lovewood. Dieser Name steht für Museen, Galerien und Kunstsammler. Odili wird zunächst geschätzt und beachtet, aber dann verliert man das Interesse an ihm. Er kehrt zurück, kann aber die Lücke, die sein Verschwinden einst riss, nicht mehr schließen.

In einem Poem am Ende des Films sagt die Künstlerin Emose, die Odili einst geschaffen hatte: „Meine Leute verschwenden ihre Tränen! Ihre Tränen sind kostbar! Ihre Tränen sind Wasser, um neue Farben zum Malen zu mischen. Die Weisen haben sich für die Zukunft entschieden. Sie werden ihre Tränen zum Malen verwenden.“

Wie wäre die Geschichte verlaufen, wenn Afrika nicht kolonialisiert worden wäre? Eine Frage, die viel Raum zum Nachdenken lässt. Der jungen Künstlergruppe „The Critics Companie“ geht es nicht darum, einer Vergangenheit, die unwiederbringlich ist, nachzutrauern, sondern sie anzunehmen. Wichtiger ist den jungen Menschen, den Blick nach vorn zu richten, neue Kunstwerke zu schaffen.

Einfach ist das nicht in einem Land wie Nigeria, in dem es 500 Stämme und ebensoviele Sprachen gibt. „Die Sprachen gehen verloren, denn sie durften nicht gesprochen werden und sind kaum überliefert“, bedauert Godwin Gaza Josiah.

Mit kleinem Budget ist den Künstlern ein eindrucksvolles Werk gelungen, das in der Ausstellung „One can only hope and wonder“ (Man kann nur hoffen und sich sehnen) zu sehen ist. Eine ganze Community ist zusammengewachsen, um ein Projekt zu realisieren. Alle bringen sich mit großer Leidenschaft ein und können so überzeugen – auch Menschen, die mehr als 6000 Kilometer entfernt sind.

Die Ausstellung ist bis zum 30. Juli zu sehen, Details gibt’s online auf mmk.art.de.