Kunden machen Schnäppchen bei städtischer Veranstaltung Herrenlose Räder unterm Hammer

Kinderfahrrad gefällig? Irgendwo in Rodgau herrenlos aufgefunden, stand das Mini-Bike zur Auktion. Bild: -

Jügesheim – Sobald sich das schwere Rolltor der großen Stadtwerke-Halle im Jügesheimer Gewerbegebiet für das Publikum hebt, macht sich unter den Wartenden gespannte Erwartung breit. Zwar kann sich das Ambiente nicht mit weltberühmten Auktionshäusern messen, der Zweck der Veranstaltung am Samstagvormittag war freilich der gleiche: Etwas, in diesem Fall Fahrräder, ersteigern.

Mindestens einmal im Jahr öffnet die Stadt Rodgau ihr Fundsachen-Lager an der Hans-Böckler-Straße und bringt all das, was schon zwölf Monate oder länger liegt, unter den sprichwörtlichen Hammer. Zwar schwingt Daniela Poth nicht wirklich ein derartiges Werkzeug, wenn sie den Zuschlag für ein Fahrrad erteilt. Sonst aber agiert die Auktionatorin, Mitarbeiterin im Ordnungsamt und nach eigenen Worten seit zwei Jahren mit dieser Rolle betraut, wie ein geübter Profi.

Kurz gefasst und schnörkellos stellt sie die Objekte vor, die ein Kollege von der Ordnungspolizei gut sichtbar präsentiert. Wenn sich die Bieter zieren und der Preis gar zu zögerlich steigt, betätigt der Uniformierte schon mal energisch eine Fahrradklingel.

Fahrräder machen laut Gregor Fanroth, Leiter des städtischen Fachbereichs fünf und für das Ordnungsamt mit dem Fundbüro verantwortlich, den bei weitem größten Anteil der versteigerten Ware aus. „90 Prozent oder mehr“, weiß Kollegin Poth – Tendenz steigend, gut durchmischt nach Qualität und Größe. Eingeliefert werden die Räder, zumeist herrenlos an Haltestellen, Einkaufsmärkten, in Unterführungen oder auch im freien Feld entdeckt, in der Regel von gewissenhaften Mitbürgern, Stadt-Bediensteten oder auch der Polizei.

Zur Versteigerung kommen jeweils Funde, die die rechtmäßigen Eigentümer offenbar nicht vermissen. Nach Ablauf der Jahresfrist werden die Objekte zunächst den ehrlichen Findern angeboten und, falls die kein Interesse zeigen, für die nächste Auktion auf dem Stadtwerke-Gelände bereitgestellt.

Bevor dort das Bieten beginnt, haben Interessenten Zeit, sich das Angebot in voller Breite anzusehen. Diese Möglichkeit nutzten am vergangenen Samstag annähernd 40 Besucher aller Altersgruppen – Paare, Rentner, Jugendliche, Eltern mit Kindern und offenkundig ein paar Veteranen mit taktischer Erfahrung.

Die zeigt sich insbesondere dann, wenn ein potenziell hochwertiges Objekt kurz vor dem Zuschlag steht. „Zum Ersten, zum Zweiten“ ruft die Auktionatorin und löst damit einen kurzen aber heftigen, nicht selten augenzwinkernden Bieterwettkampf aus. Zuvor haben sich die Routiniers zurückgehalten und davor gehütet, den Preis durch frühe Offerten hochzutreiben.

Anders als auf Online-Plattformen können sich die Konkurrenten gegenseitig anhand von Mimik und Tonfall einschätzen. Auf der Zielgeraden kommen die Gebote im Sekundentakt, erst in kleinen Schritten, bevor einer blank zieht und entschlossen um fünf oder zehn Euro erhöht.

So steht ein gut gepflegtes Damenfahrrad – klassische Marke, annähernd antikes Design und ohne Sattel – am Schluss bei spektakulären 100 Euro. Dagegen kommt ein Kinderrad, optisch fast neuwertig und verkehrssicher ausgestattet, über das Mindestgebot von einem Euro nicht hinaus. Mehrere Mountainbikes gehen zu Höchstgeboten zwischen 20 und 50 Euro weg. In jedem Fall folgt dem Triumph der Gang zur Kasse: Zu zahlen ist immer bar und sofort.
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