Silke Schwehm schließt ihr Naschparadies Abschied ist kein Zuckerschlecken

Der Abschied von den Kunden und dem Geschäft ist für Silke Schwehm eine Herausforderung. Bild: weil

Jügesheim – Häufig rollen jetzt die Tränen bei Silke Schwehm. Denn „Frau Zuckerstubb“ geht in den Ruhestand. Den Abschied von ihrem Geschäft in der Hintergasse 1 und ihrer Kundschaft hat die 66-Jährige zwar Anfang des Jahres für sich beschlossen, doch nun rückt der Tag immer näher. Am 30. April soll Schluss sein. „Dann schließen wir unser Tor und unseren Laden“, hat sie geschrieben. Doch wie so oft im Leben, fühlt sich das, was theoretisch klar war, auf einmal anders an.

Zum einen freut sich die 66-Jährige auf mehr Ruhe und mehr Zeit für ihre beiden Enkel. Gleichzeitig lässt sie eine Idee los, an der sie sehr hängt und die sie erfolgreich auf- und ausgebaut hat. Ihre Zuckerstubb ist ein bisschen wie ein Baby, das ihr in mehr als 20 Jahren ans Herz gewachsen ist.

Noch gut zwei Wochen ist der Laden geöffnet, doch am 30. April heißt es Abschiednehmen. Bis dahin will Silke Schwehm alle Bestellungen abgearbeitet und den Ausverkauf hinter sich gebracht haben. Doch im Moment ist es stressig für die Geschäftsfrau: körperlich und vor allem auch emotional. „Es hat mir immer Spaß gemacht und es steckt viel Herzblut in dem Laden“, gesteht sie.

Ihre Kundschaft hat die Zuckerstubb und ihre Inhaberin tief ins Herz geschlossen. Das Süßwarengeschäft ist nämlich ein Naschparadies, ein Kleinod, das seinesgleichen sucht. Eine Art Tante-Emma-Laden, in dem alle Genüsse einzeln zu haben sind und jeder Kunde seine ganz persönliche Auswahl zusammenstellen lassen kann. Die etwa 300 verschiedenen Leckereien, die um die Adventszeit, an Ostern oder um die Einschulungszeit angeboten wurden, werden appetitlich in großen Schraubgläsern präsentiert.

Aus ihnen holt Silke Schwehm mit hygienisch behandschuhten Fingern, die individuellen Bestellungen der Käufer. Kein Kunde wird gehetzt: Mit Engelsgeduld füllt sie Klassiker wie Schaumzuckererdbeeren, Colaflaschen, Gummibären, Lakritzstafetten, aber auch Gummiwesen wie Tintenfisch, Hai und Schlange in farbige Papiertüten ab. In der kühleren Jahreszeit waren auch handgeschöpfte Schokoladen und Pralinen zu haben. Alles liebevoll verpackt, versteht sich.

Dass sie selbst sich gar nichts aus dem Naschwerk macht, fiel kaum auf: „Ich habe auf den Messen alles immer einmal probiert“, sagt die Süßigkeitenkennerin. Schließlich habe sie wissen wollen, was sie verkauft.

Begeistert erzählt Silke Schwehm davon, wie geduldig die Kundschaft in Warteschlangen in ihrem begrünten Innenhof stand und sich selbst dann nicht beschwerte, „wenn ein Kind sich mal nicht entscheiden konnte.“

Oft hat sie sich amüsiert, „wenn da wieder mal so eine kleine Maus steht und lange überlegt, wie sie ihr Taschengeld am besten investiert.“ Zum Schluss wird übrigens immer mit der Kundschaft gewürfelt: Unabhängig davon, wie das Spiel ausgeht, es gibt auf alle Fälle Süßes.

Es habe viele besondere Momente, Kunden und Begegnungen gegeben, sagt die gelernte Goldschmiedin rückblickend. Zunächst hat sie übrigens Kinder- und Jugendmode verkauft. Weil Kinder und Süßigkeiten irgendwie zusammengehören, entstand die Idee eines altmodischen Tante-Emma-Ladens mit Zeit fürs Plaudern, in dem sich die Kunden wohlfühlen. Dieser Gedanke sei anfangs abgetan worden, erinnert sich Silke Schwehm.

Als bekanntes Gesicht bleibt Silke Schwehm den Jügesheimern erhalten. Die liebevoll ausgestatteten Geschäftsräume werden künftig privat genutzt. Und ab 1. Mai ist das große Hoftor geschlossen.

Von Simone Weil