Schönheit im historischen und gesellschaftlichen Kontext ist das Thema Festival Literaturm „On Beauty“

Philosophin Juliane Rebentisch (links), Dichter Durs Grünbein und Historikerin Dana von Suffrin im Gespräch mit Moderator Alf Mentzer. Bild: Jeannette Faure

Innenstadt (jf) – Hausherr Michael Quast begrüßte die Gäste der Eröffnungsveranstaltung des zwölften Festivals Literaturm in der Volksbühne, also zu ebener Erde. In den folgenden Tagen ging es allerdings hoch hinaus zu 24 Veranstaltungen an 14 Orten, darunter sechs Hochhäuser. Träger des biennal stattfindenden Events ist das Kulturamt Frankfurt mit Kooperationspartnern.

Den musikalischen Auftakt gestaltete Anne-Sophie Bertrand an der Harfe. Im Laufe des Abends bezauberte sie mit Werken von Paul Hindemith, Gabriele Fauré und Domenico Scarlatti.

Kulturdezernentin Ina Hartwig stellte in ihrem Grußwort fest: „Wir leben gerade in hässlichen Zeiten, die bequeme Demokratie gibt es nicht mehr.“ Und dann geht es um Schönheit? Das sei allerdings nur auf den ersten Blick überraschend. Schönheit und ihr Gegenteil hängen zusammen.

Sonja Vandenrath, die den zwölften Literaturm konzipiert und das Programm gestaltet hat, zitierte Rainer Maria Rilke: „Die meisten Menschen wissen gar nicht, wie schön die Welt ist und wie viel Pracht in den kleinsten Dingen, in einer Blume, einem Stein, einer Baumrinde oder einem Birkenblatt sich offenbart.“

Etwas ganz anderes sei der entfesselte Schönheitswahn. Oder gehe es auch um den Mut zu Rissen, zur Unvollkommenheit, ja zur Hässlichkeit?

„Das Festival ist ein Bekenntnis zum Licht“, stellte Vandenrath fest. In den Veranstaltungen spielten auch die großen Jubiläen des Jahres – der 300. Geburtstag von Immanuel Kant, der 250. von Caspar David Friedrich und der 150. von Franz Kafka – eine Rolle.

Alf Mentzer moderierte die anschließende Diskussionsrunde mit der Philosophin Juliane Rebentisch, dem Dichter und Essayisten Durs Grünbein und der Schriftstellerin und Historikerin Dana von Suffrin. Ausgangspunkt war der Schönheitsbegriff von Immanuel Kant, der die Schönheit mit dem Denken verknüpft: Schön ist, was uns zum Denken bringt.

„Schönheit in der Philosophie ist eine ambivalente Größe“, bemerkte Rebentisch. „Schönheit als Kategorie löst bei uns Riesenwirbel im Dunkeln aus“, antwortete Grünbein. Außerdem werde Schönheit oft im Verlust erfahren. Von Suffrin schilderte den Besuch einer sechsten oder siebten Schulklasse in einem Museum: „Die Jugendlichen interessierten sich nicht für das Schöne der Bilder, Skulpturen oder Porzellane, sondern fragten ständig nach dem Preis. Für sie hatte Schönheit also etwas mit Geld zu tun.“

Im Laufe des Gespräches ging es um griechische Schönheitsideale, um die Ideologisierung des Schönheitsbegriffs, um Schönheit als Widerstand gegen das Normierte.

Während des Festivals wurden den Besuchern ganz unterschiedliche Erfahrungen zum Thema „On Beauty“ zugemutet, mit denen sie sich auseinandersetzen konnten. Überredet werden sollten die Gäste nicht, aber eine Pluralität des Denkens wurde gefördert.